Interview Mareike Wiggers, Abteilungsleiterin Hochschulgastronomie, und Joachim Gerigk, Bereichsleiter Hochschulgastronomie beim Kölner Studierendenwerk

Vom Foodtruck bis zum veganen Freitag – über den Wandel in der Hochschulgastronomie

Mareike Wiggers   und Joachim Gerigk   haben sich über neue Projekte der Hochschulgastronomie ausgetauscht und geben einen Einblick in die Planungen für die Zukunft. 

Interview: Cornelia Gerecke I Text: Catrin Zander, Michael Klitzsch | Fotos: Uta Wagner

Wenn die Studierenden nicht zu uns kommen können, kommen wir eben zu ihnen, dachte sich das Team der Hochschulgastronomie in Pandemie-Jahr Nummer zwei und weitete sein Angebot mit einem Foodtruck aus. Dies ist nur eins von vielen Projekten, mit denen Mareike Wiggers und Joachim Gerigk in Zukunft noch besser auf die Bedürfnisse der Studierenden in den Mensen eingehen möchten.

Frau Wiggers, an welches Ereignis des vergangenen Jahres in der Hochschulgastronomie denken Sie besonders gern zurück?

Wiggers: Ich bin besonders stolz auf die Premiere des veganen Freitags (#Vreitag). Uns ging es nicht nur darum, auf Fleisch zu verzichten, sondern sich ganz bewusst auch einmal im Monat im Sinne des Klimas für fleischlose Ernährung zu entscheiden.

 

Wie hat Ihr Team auf diese Idee reagiert? Gab es Diskussionen?

Wiggers: Tatsächlich haben wir uns die Frage gestellt, ob wir den veganen Freitag mit unserem sozialen Auftrag vereinbaren können, ob wir da nicht jemanden ausschließen. Das hat zu einer größeren Diskussion geführt. Letztendlich haben wir uns für einen solchen Tag entschieden. Wir hatten ja im vergangenen Jahr auch mit unserem Weltvegantag und dem Weltvegetariertag gute Erfahrungen gemacht. In Umfragen zeigt sich außerdem auch, die schnell wachsende Nachfrage nach veganen und vegetarischen Speisen.

 

Wie war das Feedback der Studierenden?

Wiggers: Anfänglich kamen doch einige wenige negative Rückmeldungen, aber die ließen mit der Zeit nach. Wir hatten ja auch zuvor freitags normalerweise eher Fisch und kein Fleisch angeboten. Und die Zahlen sprechen auch für sich. An den veganen Freitagen sind nach einem halben Jahr die Zahlen nicht schlechter als an den fleischlastigen Freitagen zuvor.

„An den veganen Freitagen sind nach einem halben Jahr die Zahlen nicht schlechter als an den fleischlastigen Freitagen zuvor.“
Mareike Wiggers

Was haben Sie in Erinnerung, wenn Sie an 2021 in der Hochschulgastronomie zurückdenken, Herr Gerigk?

Gerigk: Mich freut besonders, dass wir das Konzept Foodtruck umsetzen konnten – nach großem Hin und Her, ob wir uns selbst einen solchen Wagen kaufen oder ob wir den Foodtruck anmieten. Wir haben uns schließlich zu Letzterem entschlossen und sind dann mit ihm von Station zu Station gefahren. Es war schön, in einer Zeit, in der einige Mensen geschlossen waren, zu den Wohnheimen fahren zu können und dort auch viele Studierende anzutreffen, die das Angebot angenommen haben.

 

Was haben Sie dort vor Ort denn so angeboten?

Gerigk: Wir hatten vegetarische Angebote mit Salaten, einen veganen Burger, aber natürlich auch Currywurst mit Pommes und Rindfleisch-Burger und das übliche Getränkeangebot. Wir hatten teilweise sehr schönes Wetter, aber dann auch leider die starken Regenfälle. Da konnten wir uns glücklicherweise gut unterstellen in Deutz in der Tiefgarage. Und die Studierenden kamen trotzdem!

 

Solche Aktionen haben von den Mitarbeiter*innen sicherlich eine gewisse Flexibilität abverlangt.

Gerigk: Ja, absolut, die haben toll mitgezogen. Ich bin auch stolz auf unser Team, wie schnell und positiv es reagiert hat auf Neuerungen, wie flexibel es sich gezeigt hat bei den Einsätzen.

Wiggers: Dem kann ich mich nur anschließen. Alle Arbeitsbereiche und Teams haben sich super unterstützt – etwa der Fachbereich Hygiene und Qualität, der darauf geachtet hat, dass wir die Gesetze und Coronaregeln wirklich bis ins Detail durchgehen und umsetzen. Auch die Zusammenarbeit mit der Unternehmenskommunikation hat sehr gut geklappt, so dass wir etwa schnell Werbeplakate parat hatten. 

„Ich bin stolz auf unser Team, wie schnell und positiv es reagiert hat auf Neuerungen, wie flexibel es sich gezeigt hat bei den Einsätzen.“
Joachim Gerigk

Welche Herausforderungen sind Ihnen im zweiten Pandemiejahr noch begegnet?

Wiggers: Die Impfaktionen haben uns natürlich gefordert, die waren zunächst draußen, aber als es kälter wurde, sind wir in die Mensa Zülpicher Straße umgezogen. Das war der Zeitpunkt, an dem wir zum ersten Mal in letzter Zeit für alle geöffnet hatten – egal ob Gast der Hochschule oder des Werks oder Mitarbeiter*innen. Wir waren ein Ort für alle Menschen und haben zusammen mit der Stadt Köln Impfangebote ohne Anmeldung realisieren können.

 

Gab es in 2021 auch Neueröffnungen in der Hochschulgastronomie?

Wiggers: Ja, das Bistro Lindenthal hat etwa in 2021 wieder geöffnet in neuem Gewand. Leider hatte die Humanwissenschaftliche Fakultät nicht allzu viele Präsenzveranstaltungen, sodass die Betriebsleitung vor Ort weniger Gäste hatte als gedacht. Aber bei denen, die da waren, kam es sehr gut an, und die Studierenden und auch die Mitarbeiter*innen sind froh darüber, dass wir einen neu gestalteten Gastraum haben.

 

Es gab auch einen interessanten Workshop in 2021 …

Wiggers: In der Tat. Unter dem Titel „Mensa 2.0, Mensa neu gedacht“ hatten wir Studierende eingeladen. Es waren 20 bis 25 vor Ort und haben mitgemacht. Themen waren zum Beispiel „Wie stelle ich mir eine Mensa vor? Welchen Speiseplan wünsche ich mir? Wie möchte ich in der Mensa bezahlen?“ Die Studierenden kamen von der Deutschen Sporthochschule, der Universität zu Köln und auch die Technische Hochschule und Hochschule für Musik und Tanz waren vertreten. Es waren tatsächlich auch Studierende dabei, die noch nie in der Mensa waren und ihren Input geben wollten. Unter anderem haben wir dabei auch über das Zahlungssystem gesprochen – ein weiteres Projekt, das wir im vergangenen Jahr gestartet haben.

 

Um was geht es da genau?

Wiggers: Ab nächstem Jahr und auch schon in 2022 an unserem neuen Standort in Leverkusen-Opladen von der TH Köln läuft ein Testbetrieb mit dem neuen offenen Bezahlungssystem. Bei dem kann man mit Girokarte, Debit- und Kreditkarte, aber auch mit Google Pay, Apple Pay bezahlen. Man ist also viel flexibler und muss nicht mehr Guthaben auf eine Guthabenkarte laden. Wir öffnen uns damit auch vor allem für die ausländischen Studierenden, weil die oftmals keine Girokarte besitzen.

 

Braucht die Hochschulgastronomie denn dann überhaupt noch Kassierer*innen?

Wiggers: Auf jeden Fall! Da wir keine automatischen Kassen wie beispielsweise im Einzelhandel einsetzen, sind wir auf die Erfahrung und die Arbeit unserer geschätzten Kolleg*innen angewiesen.

 

Letztes Jahr gab es ja auch die Starkregenkatastrophe. Was ist Ihnen da in Erinnerung geblieben? 

Gerigk: Das war natürlich nicht leicht fürs Studierendenwerk. Wir waren froh, dass wir einen Lernraum für das Unicenter zur Verfügung stellen konnten und dann auch für Wohnheime, in denen der Strom ausgefallen war. Wir haben auch Kaffee und andere Getränke bereitgestellt. Außerdem haben wir Inventar und Einweg-Geschirr verschenkt und Lunch-Pakete ausgeliefert.

 

Wie hat sich die Pandemie auf die Arbeitsbedingungen in der Hochschulgastronomie ausgewirkt?

Wiggers: Für alle Mitarbeiter*innen in der Produktion war es eine Herausforderung, bei diesen Temperaturen und bei der Luftfeuchtigkeit zum Beispiel an der Spülmaschine die Maske stets zu tragen und den Abstand zu wahren. Gastronomie ist viel Teamwork, aber das wird schwierig, wenn ich weiß, ich muss zum Schutz anderthalb Meter Abstand halten und stets eine Maske tragen. Man sieht die Gestik und Mimik seiner Kolleg*innen nicht, die nonverbale Kommunikation ist quasi eingeschlafen. Daher ist es wichtig, die Kolleg*innen in ihrer Kommunikation zu ermutigen. Es ist wichtig, miteinander zu sprechen.

 

Gab es auch Prozesse aus der Pandemiezeit, die sich langfristig etabliert haben?

Wiggers: Eine gute Entwicklung war es, dass Arbeitsplätze, die nicht unbedingt vor der Pandemie dafür vorgesehen waren, mit technischem Equipment wie einer Webcam und einem Headset ausgestattet wurden – zum Beispiel vom Lageristen oder von Hauptkassierer*innen und Wirtschafter*innen. So konnte man zum Beispiel auch untereinander einfach schnell eine Videokonferenz machen, Betriebe konnten sich viel schneller vernetzen. Da konnten wir auch dank der Flexibilität der Mitarbeiter*innen viel Zeit und lange Wege sparen. Diese Lösungen wollen wir so nicht mehr missen.

 

Die Pandemie hatte ja auch erhebliche Auswirkungen auf die Kundschaft. Wie wird sich die Mensa der Zukunft entwickeln – wenn immer mehr Studierende durch ein Hybridstudium unregelmäßiger vor Ort in den Hochschulen sein werden?

Wiggers: Es bleibt vorerst ein Blick in die Glaskugel. Für uns ist ein belebter Campus mit vielen Präsenzveranstaltungen selbstverständlich auch wünschenswert und attraktiver. Unsere gastronomischen Betriebe haben neben der Verpflegungsaufgabe auch einen hohen sozialen Charakter: Wir möchten als sozialer Begegnungsort und Lernort fungieren, besonders außerhalb der Hauptzeiten. Wir freuen uns, wenn wir in unseren Betrieben Kontakte und Austausch ermöglichen!

 

Abschließend: Wie haben sich denn die Rezepturen entwickelt, worauf liegt im Moment das Augenmerk? 

Gerigk: Wir haben viel im veganen und vegetarischen Bereich experimentiert. Und wir versuchen, die Pastastation der Mensa Zülpicher Straße wieder auszubauen.

Wiggers: Beim Winterspeiseplan wollen wir etwas saisonaler werden, das heißt auch mit regionalen Gemüsesorten wie Kohl oder Sauerkraut zu arbeiten. 

Mareike Wiggers ist diplomierte Lebensmitteltechnologin und fühlt sich schon seit ihrem Studium in der Gastronomie zuhause. Damals war für sie der Mensabesuch wichtiger Bestandteil des Hochschulalltags. Daher möchte sie heute als Abteilungsleiterin der Hochschulgastronomie in den Mensen, Bistros und Kaffeebars einen Ort des Austauschs und des Miteinanders schaffen. Gemeinsam mit ihrem Team geht sie den grünen Zukunftsweg des Werks weiter, bringt Foodtrends direkt zu den Studierenden und will langfristig neue Zielgruppen erschließen.

Joachim Gerigk absolvierte eine klassische Kochausbildung und arbeitete als Küchenmeister in der Hotellerie, bevor er 2007 als Küchenleiter in der Mensa Zülpicher Straße (MZS) im Kölner Studierendenwerk anfing. 2013 wurde er Betriebsleiter der MZS und 2020 Bereichsleiter für die Mensen Lindenthal, am Sportpark Müngersdorf, Gummersbach, Kunsthochschule für Medien, Zülpicher Straße und Leverkusen-Opladen. An seiner Position schätzt er die Arbeit mit und für Menschen und die Herausforderung, Studierende jeden Tag aufs Neue zu begeistern.

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Mio.
Kundenbesuche

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Preis für ein Durchschnittsessen in Mensen

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* prozentuale Abweichung im Vergleich zu 2020
** 2020