Interview (v. l. n. r.): Frank Leppi, stellvertretender Geschäftsführer und Abteilungsleiter Interner Service, Kölner Studierendenwerk und Jörg J. Schmitz, Geschäftsführer des Kölner Studierendenwerks

Wir müssen weiterhin optimieren

Wir trafen Jörg J. Schmitz   und Frank Leppi   in der neugestalteten Mensa Claudiusstraße.

Interview: Cornelia Gerecke | Text: Armin Himmelrath, Michael Klitzsch | Fotos und Video: Matthias Klegraf und Felix Rostig

Krisen bieten Chancen – und manchmal befeuern sie auch Veränderungen, die langfristig nachwirken. Diese Erfahrung haben auch Jörg J. Schmitz, Geschäftsführer des Kölner Studierendenwerks, und sein Stellvertreter Frank Leppi im zweiten Jahr der Corona-Pandemie gemacht. Wie aus Herausforderungen Fortschritt wurde, berichten sie im Interview.

Herr Schmitz, Herr Leppi, welche Erfahrungen und Ereignisse aus dem vergangenen Geschäftsjahr sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Schmitz: Zunächst: Es ist ein Riesenerfolg, dass wir nach mehr als 30 Monaten die Baugenehmigung für unser Servicehaus bekommen haben. Das Signal zum Jahresende 2021, endlich loslegen zu können, war eine sehr erfreuliche Nachricht. Des Weiteren war 2021 ja auch das zweite Pandemie-Jahr. Die Mitarbeiter*innen des Kölner Studierendenwerks haben diesen dauerhaften Krisenmodus zusammen durchgestanden – mit all den Unwägbarkeiten, den vielen Einschnitten im Arbeitsalltag, vielen neuen Anforderungen an ihre Flexibilität. Das hat mich schon stolz gemacht.

 

Welche Herausforderungen waren für das Kölner Studierendenwerk mit 2021 verbunden?

Leppi: Eine wesentliche Herausforderung war sicher die Neuorganisation der Arbeit. Bekanntermaßen gab es die Vorgabe der Bundesregierung, dass nach Möglichkeit alle Menschen, deren Tätigkeit es zulässt, von zu Hause arbeiten sollten. Das haben wir umgesetzt – von anfänglich zehn bis 15 Mitarbeiter*innen, die im Homeoffice gearbeitet haben, bis zu 270 in der Hochphase der Pandemie. Wir haben außergewöhnliche Wege beschritten und anders als andere Studierendenwerke auch BAföG-Sachbearbeiter*innen ins Homeoffice bekommen, indem wir das organisatorisch sehr stark begleitet haben. Wir haben zeitweise die Akten nach  Hause gefahren und diese wieder abgeholt. Dies haben wir mit einem Fahrdienst organisiert, weil aus Datenschutzgründen nicht jeder die Akten einfach mit nach Hause nehmen darf. Das hat alles in allem sehr gut funktioniert. 

Schmitz: Eine weitere Herausforderung war das Starkregenereignis in Hürth-Efferen. Der Wasserdruck aus der Kanalisation hat hier einige Wohneinheiten und wichtige Keller mit unserem Möbellager und unserem Aktenarchiv stark beschädigt. Das ist etwas, das bis ins Jahr 2022 nachwirkt. Wir müssen dieses Aktenarchiv auslagern und die Keller ertüchtigen. Auch damit solche Ereignisse – die ja vermutlich nicht singulär bleiben werden – zukünftig nicht mehr einen solchen Schaden anrichten können. Hierbei hat sich im Übrigen auch der Zusammenhalt unter den Studierendenwerken gezeigt. Als wir die beschädigten Räumlichkeiten wieder trockenlegen wollten, konnten wir zunächst die benötigten Geräte nicht beschaffen, da gleichzeitig die große Flutkatastrophe an der Ahr und an der Erft passiert ist. Bautrockner und Pumpen waren schlicht nicht mehr aufzutreiben. Wir haben dann aber über einen Rundruf bei unseren Kolleg*innen der Studierendenwerke in NRW sofort Hilfe bekommen – innerhalb von wenigen Stunden und Tagen hatten wir Bautrockner und Pumpen von anderen Studierendenwerken bei uns im Einsatz. 

„Wir haben außergewöhnliche Wege beschritten“
Frank Leppi

Wie haben diese Herausforderungen das Studierendenwerk vorangebracht?

Leppi: Bezüglich des Homeoffice hat uns die aktuelle Entwicklung einen Schub gegeben. Es hat sich ein Zukunftsmodell herausgebildet, das über die Krise hinaus bei uns und in vielen anderen Unternehmen bestehen bleiben wird. Videokonferenzen sind ein selbstverständlicher Teil unseres Büroalltags geworden.

Schmitz: Mit Blick auf die Pandemie kann man sagen, dass sie das Verhältnis zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den Studierendenwerken noch mal in den Fokus gerückt hat: In der Solidarität, die das Land gezeigt hat, indem es die Studierendenwerke unter den NRW-Rettungsschirm genommen hat, sehen wir ein klares Bekenntnis zu den Studierendenwerken und auch für die von ihnen getragene Infrastruktur für die Studierenden. Dafür sind wir sehr dankbar.

 

Glauben Sie, dass die Hybrid-Situation zwischen Homeoffice und Arbeiten vor Ort sich auch im Studium weiter fortsetzt? Oder wird es eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor der Pandemie geben?

Schmitz: Ich glaube, dass im Studium wie bei uns in der Arbeitswelt nützliche Arbeitsformate wie etwa Videokonferenzen erhalten bleiben. Wir können als Studierendenwerke auch schon bei unseren sieben Hochschulen beobachten, dass die Etablierung des Homeoffice vorangeschritten ist. Eine Folge davon ist natürlich, dass man zum Essen nicht mehr in die Mensa geht. 

 

Was heißt das konkret?

Schmitz: Das heißt für uns, dass wir mit einer veränderten Nachfrage rechnen müssen. Noch ist die Lage hier nicht eindeutig, da jede Hochschule in eigener Verantwortung unterschiedlich und zum Teil auch differenziert nach verschiedenen Fachrichtungen die Präsenz im Studium regelt. Wir müssen als der „Koch der Studierenden“ die zukünftigen Entwicklungen beobachten und müssen mit dem leben, was dort in der Hochschullandschaft entsteht. Sicher wird es aber mehr Hybridität geben – und diese wird sich aller Wahrscheinlichkeit auch auf die Nachfrage in der Hochschulgastronomie auswirken, vielleicht sogar auf die Nachfrage nach Wohnraum. Das bedeutet in beiden Fällen, dass wir unsere Dienstleistungsstruktur überprüfen müssen: Wir können ja schlecht für 85 Prozent Nachfrage weiterhin 100 Prozent unseres Personals einsetzen. Wir sind laut Gesetz an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Und entsprechend wird vermutlich in den nächsten Jahren ein Anpassungsprozess notwendig sein.

 

Als ein Instrument des Krisenmanagements haben Sie das sogenannte werkNET als internes Kommunikationsmedium aufgebaut. Wie hat sich das bewährt?

Schmitz: Das hat sich total bewährt. Das werkNET ist ein wunderbares Beispiel für ein Format, das wir ja schon vor der Corona-Krise entwickelt haben und das sich dann noch mal besonders etabliert hat. 2020 war das alles noch ziemlich neu und dynamisch, aber 2021 war es bereits zu einem Routineinstrument geworden. Dass Mitarbeiter*innen geräteunabhängig über ihre eigenen PCs oder Smartphones mit dem Nachrichtenkanal des Kölner Studierendenwerks verbunden sein konnten, ohne an den Arbeitsplatz zu gehen, das war ein Riesenvorteil. Aber ich denke auch an andere Projekte wie die Einführung der elektronischen Personalakte, der elektronischen BAföG-Akte, die Digitalisierung in den Wohnheimen – durch die Corona-Pandemie wurde klar, dass wir hier im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie voranschreiten müssen. Insofern hat die Corona-Krise, so schlimm sie war, auch gewisse Chancen gebracht und positive Effekte für die Unternehmenskultur ausgelöst.

„Wie wir den dauerhaften Krisenmodus durchgestanden haben – das hat mich schon stolz gemacht“
Jörg J. Schmitz

Das klingt so, als hätte das Studierendenwerk eine neue Balance erreicht zwischen Digitalisierung und Präsenz.

Schmitz: Tatsächlich würde die Mischung von Gesprächen vor Ort und per Videokonferenz keiner mehr missen wollen. Es führt auch dazu, dass noch mal genauer hingeschaut wird, ob und für welche Gespräche man sich persönlich trifft. Es gab auch eine Phase, in der wir dachten, wir brauchen alle nicht mehr ins Büro kommen, wir können alles per Videokonferenz machen. Ich glaube, der Blick darauf ist inzwischen etwas differenzierter, aber ich bin fest davon überzeugt, dass meine Kamera auf dem Bildschirm bleiben wird. 

Leppi: Vielleicht eine Sache noch als Nachbetrachtung zum Stichwort Krisenmanagement. In der Pandemie gab es fast wöchentlich neue Verordnungen: Maskenpflicht in Unternehmen, die Kontrolle des Impfstatus oder die Aufforderung, dass Mitarbeiter*innen Freizeit bekommen, um sich impfen zu lassen. Und diese Verordnungen, die teilweise im Wochentakt erlassen wurden, betrafen stark das Arbeitsumfeld der Mitarbeiter*innen. Da gab es eine gewisse Umsetzungsproblematik, die schwer aufzulösen war: wir, die die Verordnungen umsetzen mussten, und der Personalrat, der zurecht sagte, wir haben hier mitzubestimmen. Das ist ein bisschen schwierig in Einklang zu bringen, wenn so eine Verordnung montags erlassen wird und bis Freitag umzusetzen ist. Sollte es noch einmal zu einer ähnlichen Situation kommen, muss der Gesetzgeber sich da etwas einfallen lassen. 

 

Wie haben Sie denn die Situation mit dem Personalrat geregelt?

Leppi: Der Personalrat hat unsere schwierige Situation erkannt und viel mitgetragen, sonst wäre es auch nicht gegangen. Aber nichtsdestotrotz ist das keine optimale Situation. Das hat auch nicht viel mit dem Studierendenwerk zu tun, dasselbe Problem gibt es bei anderen öffentlichen und nicht-öffentlichen Unternehmen. Die Situation lässt sich nur bewältigen, wenn man ein gutes Verhältnis zum Personalrat hat und den Willen zeigt, gemeinsam durch die Krise zu gehen. Aber bekanntermaßen ist ja nicht jedes Verhältnis zwischen Betriebsrat und Personalrat oder Geschäftsführer*in oder Vorstand optimal – und dann kann ich mir vorstellen, dass es Probleme gibt. 

 

Sie sprachen die Fortschritte an, welche die Herausforderungen der Corona-Pandemie innerhalb des Studierendenwerks ausgelöst haben. Gab es solche Entwicklungen auch in Bezug auf die Studierenden?

Schmitz: Auf jeden Fall. Wir mussten im Rahmen der Corona-Pandemie deutlich unsere Kontakte reduzieren, etwa in den Bereichen Beratung, Wohnung, Wohnungsübergabe, Wohnungsabnahme oder aber auch in der BAföG-Beratung. Das ist dann darauf hinausgelaufen, dass wir die Studierenden gebeten haben: Bitte wendet euch per E-Mail an uns, und wir geben euch einen Termin. Diese Praxis hat dazu geführt, dass wir gerade dabei sind, ein Terminplanungstool zu installieren, ähnlich wie moderne Arztpraxen das zum Beispiel haben. Studierende können dann mit dem Smartphone aus der Vorlesung heraus einen Termin im BAföG-Amt buchen. Und das kommt ganz klar aus der Erfahrung der Corona-Krise, in der wir gemerkt haben, wir brauchen so etwas dringend. Und es ist nicht nur in der Corona-Krise ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Kontaktvermeidung, es ist auch außerhalb der Krise ein wunderbares Instrument zur Steuerung des Kontaktes und ein Mehrwert für die Studierenden.

 

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft?

Leppi: Ein Bereich, über den wir uns in der aktuellen Situation Gedanken machen müssen, ist: Wie gewinnen wir das passende Personal? Das ist tatsächlich inzwischen ein Riesenproblem. Vor fünf Jahren war die Grundannahme noch: Es gibt ausreichend qualifiziertes Personal. Aber inzwischen agieren wir auf einem Arbeitgebermarkt, der sich komplett gedreht hat. Die Mitarbeitergewinnung ist auch für uns eine ständige Herausforderung und das in allen Bereichen.

Schmitz: Das Problem weitet sich tatsächlich enorm aus. Die Leitungsrunde des Studierendenwerks hat ja schon 2014 die Arbeitgeberattraktivität zu den drei Top-Zielen des Studierendenwerks erhoben. Ich glaube aber, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, haben wir 2015 das noch nicht mit so viel Inhalt füllen können wie heute. Es hat sich bewährt, dass wir in der Folge zum Beispiel unseren Rekrutierungsprozess optimiert haben. Und ich glaube, dass das Kölner Studierendenwerk gut gerüstet ist für diesen Wettbewerb um die geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber wir dürfen nicht stehen bleiben, wir müssen weiterhin optimieren. 

Jörg J. Schmitz ist seit Januar 2014 Geschäftsführer des Kölner Studierendenwerks und darüber hinaus seit 2021 Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Studierendenwerke NRW (ARGE). 

Frank Leppi startete 1993 als Abteilungsleiter der Hochschulgastronomie im damaligen Kölner Studentenwerk. Der Diplom-Ökotrophologe und Betriebswirt ist darüber hinaus seit 2004 stellvertretender Geschäftsführer und wechselte 2015 von der Hochschulgastronomie als Abteilungsleiter in den Internen Service, zu dem die Bereiche Gebäudemanagement, IT, Einkauf und Personal gehören.

0
Instagram-Abonnent*innen
0
Facebook-Abonnent*innen
0
News im Internet auf kstw.de