Interview Sofia Emexidis, Abteilungsleiterin Studentisches Wohnen, und Fabian Gödderz, stellvertretender Abteilungsleiter Studentisches Wohnen

Vier Wände in Köln – ein hartes Stück Arbeit

Das „W“ in unserem Logo-Signet steht für „Werk“, passt aber auch gut zu „Wohnen“. Im Büro der Abteilungsleitung treffen wir uns mit Sofia Emexidis und Fabian Gödderz  zum Austausch über die Rolle des Studierendenwerks an einem der teuersten Mietstandorte der Republik.

Interview und Text: Klaus Wilsberg | Foto: Klaus Wilsberg, Natali Schütte

Gebrandeter Straßenbahn-Wagon „Vermieten an Studierende“ rollt ein Jahr durch Köln.

Bezahlbarer Wohnraum steht im Fokus der Öffentlichkeit. Das studentische Wohnen ist ein wichtiger Teil dieser Herausforderung, betrifft es doch Wohnungssuchende mit oft sehr kleinem Geldbeutel. Hinzu kommt, dass die Lage am Kölner Wohnungsmarkt seit vielen Jahren unverändert schwierig ist. Der Pressesprecher des Werks, der Semester für Semester die gleiche traurige Geschichte erzählt, möchte mit diesem Interview die verschiedenen Facetten des Wohnens für die soziale Infrastruktur herausarbeiten. Immer in der Hoffnung, bald eine positivere Geschichte erzählen zu können.

Was fällt euch spontan ein, wenn wir als Kölner Studierendenwerk über „Wohnheime als soziale Infrastruktur“ sprechen?

Gödderz: Zunächst sehe ich es formal als unseren Auftrag an, diese Infrastruktur bereitzustellen. Jedoch sehe ich den sozialen Aspekt beim Wohnen als besonders wichtig an. Wohnen ist ein Gut, nicht einfach nur ein Produkt. Und das Produkt Wohnen ist zur gesellschaftlichen Herausforderung geworden. Der Kostendruck war besonders im Jahr 2023 immens hoch. Wir hatten eine hohe Inflation bei einer Stagnation der öffentlichen Mittel. Wir sehen durchaus die Gefahr, dass unser Auftrag, günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, in Teilen zu scheitern droht.

Emexidis: Ich möchte das ergänzen: Wir sehen Wohnen als Gut, weil es Teil der Daseinsvorsorge ist. Ein Produkt hingegen ist als Teil des freien Marktes austauschbar, und Studierende haben kaum die Wahl, weil sie nicht über die finanziellen Mittel verfügen. Gerade in einer Stadt wie Köln. Das Werk ist insofern ein sozialer Dienstleister für Studierende, deren Mittel knapp sind, und diese Knappheit stellt beim kaum vorhandenen bezahlbaren Wohnraum nun einmal ein Problem dar.

 

Welche Zielgruppen haben wir besonders im Blick?

Emexidis: Wir sehen ausländische Studierende als spezifische Zielgruppe, die über noch beschränktere Mittel verfügen. Daher sind unsere Zimmer auch überdurchschnittlich – mit 46% – von internationalen Studierenden belegt. Für diese Gruppe stellen wir noch eine besondere Hürde fest: Es gibt leider Vermieter*innen, die nicht an ausländische Studierende vermieten. Oft werden die Studierenden nicht einmal zu Besichtigungen eingeladen.

„Wohnen ist ein Gut, nicht einfach nur ein Produkt.“
Fabian Gödderz

Und wie wird das bei uns praktisch geregelt? 

Gödderz: Zunächst muss man festhalten, dass wir entschieden gegen Diskriminierung bei der Vermietung sind. Darüber hinaus ist unser Vermietungsmanagement deutlich weniger bürokratisch als bei privaten Vermietern. Unser Verfahren ist durch die Online-Bewerbung einfach, die Kaution beträgt pauschal 300 EUR. Vielleicht hört es sich etwas pathetisch an, aber für uns ist jede*r Bewerber*in ein Mensch, der Wohnraum benötigt und auf dessen Bedürfnisse wir eingehen. Mit unseren schlanken Prozessen kommen wir der Studienrealität entgegen, weil Zusagen zu Studiengängen oft erst kurzfristig erfolgen. Schließlich ist auch die Zeit, die man für die Suche und die Abwicklung benötigt, ein wichtiger Faktor für das Studium, positiv und negativ.

Erwähnenswert ist eine weitere Facette der sozialen Infrastruktur, die wir seit Jahren anbieten: Mit dem Tutorenprogramm stehen wir für Engagement und Betreuung internationaler Studierender in einigen – leider nicht in allen – Wohnheimen.

 

Dennoch können wir leider nicht verhindern, dass wir eine Vielzahl von Bewerbungen nicht bedienen können. Wie geht der Bereich Wohnen bei der Auswahl vor?

Emexidis: Klar, wir können nicht alle Wünsche erfüllen und müssen uns auch an strukturellen Bedingungen in den Wohnheimen orientieren, bspw. der vorhandenen Bewohnerstruktur. Bei der Auswahl bevorzugen wir Studierende mit Behinderung, Studierende mit Kindern, Teilnehmer*innen von Austauschprogrammen und Stipendiaten, Studienanfänger*innen, Studierende, deren Heimatwohnsitz außerhalb des Großraums Köln liegt und Studierende, die BAföG oder Ähnliches erhalten.

Ich erlaube mir kurz den Hinweis, dass es nicht wenige Studierende gibt, die unser Angebot ablehnen, wenn etwa höhere Erwartungen an Ausstattung und Entfernung zur Hochschule bestanden.

„Wir haben das Anliegen, dass der soziale Auftrag der öffentlichen Träger stärker anerkannt und gefördert wird.“
Sofia Emexidis

Das Jahr 2023 war durch hohe Inflation geprägt. Wie wirkte sich das auf unsere Wohnheime aus?

Gödderz: Die gestiegenen Preise bedeuten für uns höhere Kosten. Dies führte zu zeitlichen Verzögerungen. Unser Sanierungsprojekt am Standort Müngersdorf macht das deutlich. Hier fehlen 350 Wohnheimplätze viel länger als geplant.

Emexidis: Im Bereich Neubau wird aus unserer Sicht die öffentliche Hand ihrer Verantwortung nicht gerecht. Günstige Grundstücke fehlen. Fördermittel stehen für uns bereit, aber auch für private Anbieter. Wir haben das Anliegen, dass der soziale Auftrag der öffentlichen Träger stärker anerkannt und gefördert wird.

Wir sehen studentisches Wohnen als spezifische Form des sozialen Wohnungsbaus, bei der sich die öffentliche Hand stärker engagieren sollte. Nicht zuletzt fördert man damit mittelbar das für unsere Wirtschaft so wichtige Bildungssystem.

 

Was hat euch 2023 noch beschäftigt?

Gödderz: 2023 stand die digitale Infrastruktur ganz oben auf unserer Agenda. Studierende sind online vernetzt, die Infrastruktur ist wichtig sowohl für das soziale Leben als auch für das Studium. Auch hier ist klar, dass wir einen langen Weg vor uns haben. Verbesserung erzeugt Kosten, und wir müssen abwägen, wieviel Leistung wir anbieten, ohne dass die Mieten zu stark steigen.

Sofia Emexidis ist Abteilungsleiterin Studentisches Wohnen.

Fabian Gödderz ist stellvertretender Abteilungsleiter Studentisches Wohnen.