Interview Natali Schütte, Referentin Marketing/PR im Kölner Studierendenwerk, und Stefanie Niccolini, Gleichstellungsbeauftragte im Kölner Studierendenwerk

Sozialer Auftrag im Inneren des Werks

Kann eine Institution, deren Kerngeschäft an sich ein sozialer Auftrag ist, auch einen solchen im Inneren haben? Unsere Gleichstellungsbeauftragte stellt sich dem Thema.

Interview und Text: Natali Schütte | Foto: Laura Blome

Kirsten Schramm, bis 31.12.2023 Gleichstellungsbeauftragte des Kölner Studierendenwerks

Stefanie Nicolini betrachtet mit uns das Werk von innen. Worin der soziale Auftrag intern besteht, erfahren wir bei einer Tasse Frauenpower-Tee.

Sie kennen das Kölner Studierendenwerk seit vielen Jahren aus verschiedenen Perspektiven und seit 2023 Jahr nun auch aus der Sicht der Gleichstellungsbeauftragten. Wie würden Sie die Facetten des sozialen Auftrags in dieser Position skizzieren?

Nicolini: Der soziale Auftrag einer Gleichstellungbeauftragten ist sehr vielfältig. Natürlich ist man für die Belange der Kolleginnen und Kollegen des Werks zuständig, die Bandbreite beinhaltet aber auch die Beratung der Geschäftsführung in Gleichstellungsthemen wie etwa Personalangelegenheiten oder auch beispielsweise das Einführen von genderneutralen Toiletten im neuen Servicehaus. Manchmal erkennt man erst in einem laufenden Prozess, dass auch die Gleichstellung mit einbezogen werden muss. Hauptthemen der Gleichstellung werden im Gleichstellungsplan festgesetzt. Dieser wird gemeinsam mit der Geschäftsführung erarbeitet. Themenschwerpunkte sind u. a. Vereinbarkeit von Familie und Beruf – hier sind Lebensarbeitszeitkonten ein aktuelles Thema -, Chancengerechtigkeit im Sinne von Qualifizierung, Weiterbildung, Antidiskriminierung und Vermeidung sexueller Belästigung.

„ Das Kölner Studierendenwerk und seine Mitarbeiter*innen sind kunterbunt wie das Leben selbst und jeder ist von Gleichstellung mehr oder weniger betroffen, natürlich – und das möchte ich betonen – auch die männlichen Kollegen.“
Stefanie Nicolini

Das ist ein komplexes Themenspektrum. Wie verhält es sich mit Ihrer Zielgruppe? Ist sie ähnlich vielfältig?

Nicolini: Das Kölner Studierendenwerk und seine Mitarbeiter*innen sind kunterbunt wie das Leben selbst und jeder ist von Gleichstellung mehr oder weniger betroffen, natürlich – und das möchte ich betonen – auch die männlichen Kollegen. Die Zielgruppe einer Gleichstellungsbeauftragten sind nicht nur Frauen, sondern es ist unser Auftrag, ein Gleichgewicht zwischen Frau, Queer und Mann zu sichern bzw. herzustellen. Das gelingt hier im Werk schon erfreulich gut. 

 

Welche Aktionen generieren sich aus dem umfangreichen Themenfeld einer Gleichstellungsbeauftragten?

Nicolini: Wir unterscheiden zwischen internen und externen Aktionen. Meine Vorgängerin Kirsten Schramm hat in 2023 z. B. viele wunderbare interne Aktivitäten auf den Weg gebracht, die ich weiterführen möchte, wie zum Beispiel die Etablierung sogenannter „Vertrauensfrauen“ im Werk. Das Angebot von Resilienz-Workshops mit Fach-Referentinnen erweckte hohes Interesse in der Belegschaft und führte zur Einrichtung eines Frauen-Cafés für Mitarbeiterinnen der Hochschulgastronomie. Außerdem hat sich die Gleichstellung für die Förderung von Teilzeit-Führungskräften eingesetzt und für die Ausschreibung von Stellen mit dem Zusatz „m/w/d“.

 

Sie unterschieden gerade zwischen internen und externen Aktionen. Sind die Aktionen einer Gleichstellungsbeauftragten nicht ausschließlich auf die Mitarbeiter*innen des Werks ausgerichtet?

Nicolini: Nein, denn wir haben auch einige externe Aktionsfelder. Zum Beispiel unsere Kooperationspartnerin Edelgard, eine Kampagne der Initiative gegen sexualisierte Gewalt in Köln. Wir unterstützen Edelgard nach und nach mit Schutzräumen in unseren Mensen und machen Werbung für deren Not-Telefon. Außerdem sind wir Teil des mittlerweile etablierten Aktionsbündnisses Orange Days, nehmen an verschiedenen Runden Tischen in Köln teil, zusammen mit den Hochschulen, der Stadt, den ASten und Edelgard. Die jährliche Teilnahme am Internationalen Frauentag gehört ebenso zum etablierten Programm wie der Rathausempfang für die neuen internationalen Studierenden, den wir gemeinsam mit dem Arbeitskreis der Kölner Gleichstellungsbeauftragten begleiten. Und last but not least wäre da unsere erstmalige Teilnahme an der CSD-Parade zu nennen, die wir gemeinsam mit der Unternehmenskommunikation ins Leben gerufen und organisiert haben. Sie hat die Haltung des Werks zu Toleranz und Diversität einem Millionen-Publikum offenbart und auch den internen Zusammenhalt gestärkt. Die Begeisterung der Kolleg*innen war so groß, dass wir 2024 definitiv wieder dabei sein werden.

„Unsere erstmalige Teilnahme an der CSD-Parade hat die Haltung des Werks zu Toleranz und Diversität einem Millionen-Publikum offenbart und auch den internen Zusammenhalt gestärkt.“
Stefanie Nicolini

Das Jahr 2023 war das erste pandemiefreie Jahr. Stellen Sie in Ihrem Bereich einen Wandel nach den 3 Corona-Jahren fest?

Nicolini: Die Menschen sind offener geworden und haben eine höhere Akzeptanz entwickelt. Zum Beispiel ist das Thema LGBTQIA+ ist in der Gesellschaft angekommen und findet Gehör. Auch das Thema Care-Arbeit, besonders unbezahlte, wird immer mehr zum Thema. Hier vollzieht sich ein Wandel. Die Menschen fangen an, sich mit Themen außerhalb ihrer Wohlfühlzone zu beschäftigen, und dies führt auch zu einem Wandel in der Gleichstellung.

 

Eine Wende vollzieht sich aktuell auch auf dem Arbeitsmarkt: Demografischer Wandel und Fachkräftemangel führen dazu, dass sich mittlerweile die Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern bewerben. Wo kann man aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten Akzente für eine höhere Arbeitgeberattraktivität setzen?

Nicolini: Das geschieht bereits. Das Werk punktet mit Familienfreundlichkeit, begünstigt durch Homeoffice und die neu eingeführten 6 Wochen mobiles Arbeiten innerhalb Europas, die wir dem Personalrat und der Geschäftsführung verdanken. Diese großzügige Handhabung ermöglicht vielen Mitarbeiter*innen die Betreuung Angehöriger unabhängig vom Wohnort und auch der Kinder während der Kita- und Schulferien. Zudem ist das Werk mit seinen Mitarbeiter*innen aus 36 Nationen an Vielfalt gewöhnt und übt Toleranz auch gegenüber Diversität in der Belegschaft, die in den Teams komplett integriert wird. Das nenne ich einen attraktiven Arbeitgeber!

 

Herzlichen Dank, Frau Nicolini, für dieses Interview und den Tee!

„Die Menschen fangen an, sich mit Themen außerhalb ihrer Wohlfühlzone zu beschäftigen, und dies führt auch zu einem Wandel in der Gleichstellung.“
Stefanie Nicolini

Stefanie Nicolini ist seit 2018 im Werk in verschiedenen verantwortungsvollen Positionen beschäftigt. Seit 2023 hat sie das Amt der Gleichstellungsbeauftragten inne, also der Anlaufstelle für 570 Mitarbeitende, wenn es um soziale und ökonomische Gleichberechtigung im Werk geht.