Interview (v. l .n. r.): Dr. Klaus Wilsberg, Leiter Unternehmenskommunikation Kölner Studierendenwerk, und Julian Gosmann, Vorsitzender des Verwaltungsrats
Das Werk als sozialer Ort
Von der Technischen Hochschule in Köln-Deutz überblicken wir Köln und damit den Aktionsraum des Kölner Studierendenwerks für die studentische Infrastruktur. Als Vorsitzender des Verwaltungsrats hat Julian Gosmann alle Aktivitäten des Werks im Blick, nicht nur geografisch.
Interview und Text: Klaus Wilsberg | Fotos: KSTW

Normalweise kommen im redaktionellen Teil des Geschäftsberichts nur Beschäftigte des Werks zu Wort. Wir finden es wichtig, auch eine Stimme aus der Studierendenschaft zu hören. Wie nimmt ein Studierender, der noch dazu ein wichtiges Amt für das Werk ausübt, die Aufgaben und die Leistungen des Werks wahr?
Julian, wir haben den Begriff der „sozialen Infrastruktur“ als Leitmotiv gewählt. Aus der Abstraktion der Begriffe in die reale Studi-Welt: Was hat dir das Werk gebracht?
Gosmann: Letztlich hat es mir das Werk ermöglicht, überhaupt hier in Köln Fuß zu fassen. Nach einem halben Jahr Suchzeit erhielt ich ein Angebot für einen Wohnheimplatz, zunächst im Uni-Center, später in Köln-Deutz. In der Suchzeit bin ich von Hagen nach Köln gependelt. Man übersieht oft den Planungs- und Zeitaufwand, um bspw. für eine Vorlesung nach Köln zu kommen.
Du bist nicht nur als Bewohner „Kunde“ des Werks, sondern besuchst auch regelmäßig die Mensa. Wie ist es da so?
Gosmann: Zunächst ist es vielleicht das Naheliegende: Die Mensa ist ein Ort, an dem es günstiges Essen gibt und der schnell während Veranstaltungen erreichbar ist. Aber sie ist – wie auch die Bistros und Kaffeebars – ein sozialer Ort, besonders im ersten Semester.
Ich bedaure, dass die Vielfalt zurückgeht. Ich freue mich aber, dass wir auf Preissteigerungen verzichten konnten, da das Werk zum Ausgleich für Kostensteigerungen den Sozialbeitrag erhöhen durfte.
Was müsste das Werk aus deiner Sicht tun, um die Attraktivität der Gastronomie zu steigern?
Gosmann: Der honigmarinierte Krustenbraten fehlt. Das sind natürlich persönliche Präferenzen [lacht]. Eine praktische Idee wäre es, wenn man weniger fertig zusammengestellte Gerichte anbietet und mehr eine Art Baukasten oder Büffet, das nach Gewicht abgerechnet wird, so wie an der Salatbar in der Mensa Zülpicher Straße.
Wie siehst du das Angebot in der Fläche? Wir sind ja nicht an jedem Ort mit dem gleichen Angebot vertreten.
Gosmann: Natürlich muss das Werk auch wirtschaftlich arbeiten, das verstehe ich nicht zuletzt durch meine Arbeit im Verwaltungsrat. Im Vordergrund steht für mich zunächst, dass überhaupt etwas angeboten wird. Das bedeutet für viele Studierende eine zeitliche Entlastung zwischen Vorlesungen und unterstützt das Studium. Dennoch müssen Studierendenwerke für ihr Angebot auskömmlich durch das Land NRW finanziert werden.
Wo würdest du dir eine stärkere Unterstützung besonders wünschen?
Gosmann: Hier sehe ich ganz klar das studentische Wohnen. Das Land muss hier mehr unterstützen und evtl. auch durch regulatorische Maßnahmen entlasten. Die Grundstücksvergabe an Studierendenwerke durch die Kommunen muss erleichtert werden.
Und das BAföG?
Gosmann: BAföG ist bitter. Zu kompliziert, dauert alles viel zu lang. Ich wünsche mir mehr elternunabhängiges BAföG und damit individuellere Förderung. Das Wohngeld sollte an die städtische Mietsituation angepasst werden. Bekanntlich ist Köln mit Blick auf die Mieten eher ein schwieriger Ort für das Studium.
Übrigens gilt für das Wohnen Ähnliches wie für das Essen in der Mensa. Man wohnt nicht einfach nur in einem Wohnheim. Wohnheime sind soziale Räume, erlebbar zum Beispiel in Gemeinschaftsräumen. Wohnheime sind Orte des Austauschs und der Orientierung.
Und wie bewertest du das Angebot in der psychologischen und Sozialberatung?
Gosmann: Köln hat hier einen vergleichsweise großen Bereich, das ist schön. Druck und Geschwindigkeit im Studium haben zugenommen, auch durch die Bologna-Reform. Ein großes Wort vielleicht, aber die Studierendenwerke sind in Zeiten von Pandemie und Krieg ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität von Studierenden. Ich sehe es als Pflicht der Studierendenwerke und des Landes NRW als Träger, in der Beratung auch niederschwellige Angebote zu fördern. Am Ende unterstützen Bund und Länder doch dringend benötigte Fachkräfte der Zukunft.
Du hast den Krieg als belastenden Faktor erwähnt. Kriege und Gewalt sind ja in vielen Herkunftsländern der Studierenden Realität.
Gosmann: Das ist richtig. Für viele internationale Studierende ist der kulturelle Austausch wichtig und fördert das interkulturelle Verständnis gerade in Zeiten von Krieg und Gewalt. Insofern bieten die Studierendenwerke auch hier Orte der Orientierung und der Gemeinschaft.
Julian Gosmann ist Verwaltungsratsvorsitzender des Kölner Studierendenwerks. Er studiert Rettungsingenieurwesen an der TH Köln und Rechtswissenschaften an der FernUniversität Hagen. Herr Gosmann setzt sich während des Studiums in einer Vielzahl von Gremien für Studierende ein.