Interview (v. l. n. r.): Natali Schütte, Referentin Marketing/PR im Kölner Studierendenwerk, und Laura Tielkes, DKMS, Volunteer-Managerin Spenderneugewinnung
Blick über den Tellerrand: DKMS und Werk – eine soziale Verbindung
Seit 2018 besteht die Kooperation zwischen der DKMS und dem Kölner Studierendenwerk, dank der Zusammenarbeit der jeweiligen Geschäftsführungen Frau Dr. Elke Neujahr und Herrn Jörg J. Schmitz. In den vergangenen fünf Jahren sind gemeinsame Konzepte entwickelt und eine Spenderkampagne ins Leben gerufen worden, die auf die Zielgruppe der Kölner Studierenden fokussieren. Mit Erfolg.
Interview und Text: Natali Schütte | Foto: Silvia Marcello

Registrierungsaktion an der TH Süd mit DMKS-Volunteers
Wir treffen Laura Tielkes im neuen DKMS-Zentrum im Westen Kölns, um zu erfahren, welche Schnittmengen es zwischen uns Kooperationspartnern gibt. Beide folgen sozialen Aufträgen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Wir sind seit fünf Jahren durch eine Kooperation verbunden, die sich als sehr gelungene Kombination erwiesen hat. Doch wie lange gibt es die DKMS bereits?
Tielkes: Die DKMS gibt es schon seit 1991. Mittlerweile haben wir mehr als 115.000 zweite Lebenschancen für Patient*innen mit Blutkrebs weltweit ermöglicht. Eine Zahl, auf die wir sehr stolz sind, die wir aber weiter ausbauen wollen. Möglich ist dieser Erfolg nur durch die vielen Menschen, die sich bei uns in die Datei haben aufnehmen lassen. Rund 23 Stammzellspenden werden so pro Tag durchgeführt und auf schnellstem Wege zu den Patient*innen gebracht.
Dabei sind insbesondere junge Menschen wichtig, da sie häufiger als andere für die Stammzellspende in Frage kommen. Die Kooperation mit dem Kölner Studierendenwerk ist daher ein wichtiges Vorzeigeprojekt. In dieser Zusammenarbeit zeigt sich: Die jungen Leute möchten anderen helfen und stehen füreinander ein.
Darüber hinaus ist die DKMS selbst gewachsen. Mittlerweile ist sie neben der Registrierung neuer Stammzellspender*innen auch in der Forschung und mit eigenen Entnahmekliniken im Einsatz. Insgesamt setzen sich mehr als 1.300 Mitarbeiter*innen weltweit dafür ein, das Ziel der DKMS voranzutreiben und Blutkrebs zu besiegen.
Der soziale Auftrag des Kölner Studierendenwerks als AöR bezieht sich auf die Unterstützung des Studierenden-Lebens. Woher kommt der soziale Auftrag bei der DKMS?
Tielkes: Die DKMS wurde am 28. Mai 1991 von Peter Harf und Gerhard Ehninger gegründet. Peters Frau Mechtild war an Blutkrebs erkrankt und nur eine Knochenmarkspende konnte ihr noch eine Chance auf Überleben ermöglichen. Damals waren jedoch nur 3.000 Menschen als potenzielle Spender*innen in Deutschland registriert. Darunter fand sich leider kein passendes Match für Mechtild. Ihr Mann Peter und der behandelnde Arzt Gerhard Ehninger haben daher die Initiative ergriffen: Innerhalb des ersten Jahres steigerten sie die verfügbare Zahl von möglichen Spender*innen auf 68.000 Menschen.
Doch trotz aller Anstrengungen der Familie und zahlreichen Helfer*innen überlebte Mechtild Harf ihre Erkrankung leider nicht. Ihrem Mann Peter nahm sie jedoch das Versprechen ab, weiterzukämpfen, bis für jeden und jede Patient*in ein passender Spender oder eine passende Spender*in gefunden ist. Daraus ist unser Ziel hervorgegangen, den Blutkrebs zu besiegen.
Diesem Ziel ist er gemeinsam mit vielen Unterstützer*innen schon sehr nahegekommen. Bereits 1995 war die DKMS die weltweit größte Stammzellspenderdatei und täglich arbeiten über 1.000 Mitarbeiter*innen in sieben verschiedenen Ländern an der Erfüllung der Vision, Blutkrebspatient*innen eine zweite Chance auf Leben zu ermöglichen.
Gemeinsam haben wir im Dezember 2018 die Aktion Kölner Heldentage ins Leben gerufen. Hat sich diese Aktion unter Kölner Studis mittlerweile etabliert?
Tielkes: Die Kölner Heldentage waren von Beginn an eine besonders schöne und erfolgreiche Erfahrung für uns. Jedes Jahr führen wir zusammen mit dem Kölner Studierendenwerk in der Vorweihnachtszeit an bis zu sieben Hochschulen in Köln eine Registrierungsaktion durch. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sind wir erstmals konkret mit Studierenden in den Austausch gegangen – mit großem Erfolg! Seit 2018 haben wir dadurch knapp 1.500 neue potenzielle Stammzellspender*innen unter den Studierenden gewonnen. Von ihnen haben bis heute schon sieben ihrem genetischen Zwilling durch ihre Spende eine zweite Lebenschance ermöglicht.
Die Idee, eine Registrierungsaktion in der Vorweihnachtszeit stattfinden zu lassen, hat Erfolg gezeigt. In dieser stimmungsvollen Zeit möchten viele Menschen bewusst etwas Positives zum gesellschaftlichen Leben beitragen – was passt da besser, als vielleicht eines Tages durch die Registrierung bei der DKMS ein Leben zu retten?
Warum ist gerade die Zielgruppe der Studierenden für die DKMS so interessant?
Tielkes: Grundsätzlich sind junge Spender*innen zwischen 18 und 30 Jahren für uns besonders wichtig, da die Nachfrage nach dieser Zielgruppe am höchsten ist. Das hat medizinische Gründe. Denn Menschen, die in jungen Jahren spenden, haben statistisch gesehen weniger Vorerkrankungen und sind zudem häufig zeitlich flexibler, um die Spende auch anzutreten.
Außerdem ist die Zielgruppe oft durch Infoveranstaltungen an den weiterführenden Schulen, die wir im Rahmen unseres DKMS Schulprojekts (https://mediacenter.dkms.de/pressemappe/schulprojekt/) durchführen, schon sehr gut informiert.
Viele kennen die DKMS und die Themen Stammzellspende und Blutkrebs bereits oder sind in den sozialen Medien schon auf sie aufmerksam geworden.
Wie konnte der Erfolg während der Corona-Jahre überhaupt aufrechterhalten werden? Wie waren die Herausforderungen, den Anschluss an die Zielgruppe nicht zu verlieren?
Tielkes: Durch die Kontaktbeschränkungen in der Pandemiezeit mussten wir Wege finden, trotz der vorgeschriebenen Einschränkungen Menschen in die Datei aufzunehmen und somit weiterhin Spenden zu ermöglichen. Da große Registrierungsaktionen, wo häufig hunderte Menschen zusammenkommen, in Zeiten von Kontaktbeschränkungen keine Option waren, haben wir die Aktionen kurzerhand in den digitalen Raum verlegt. Wir haben personalisierte Links erstellt, die die Initiativgruppen nutzen konnten, um auf einzelne Patient*innenschicksale hinzuweisen und in ihrem Umfeld für neue Registrierungen zu werben.
Die DKMS greift selber auf Studierende zurück, die die Registierungsaktionen initiieren. In welcher Form tun sie das? Und wie rekrutieren Sie diese Helfer*innen?
Tielkes: Im Jahr 2013 wurde eine einsatzstarke Studierendeninitiative namens AIAS e.V. gegründet. Sie unterstützt uns an 28 Hochschulstandorten in Deutschland tatkräftig mit Info- und Registrierungsveranstaltungen. Diese Gruppe ist ein wunderbarer Multiplikator, um Kontakt mit den Studierenden aufzunehmen und sie zur Registrierung zu motivieren. AIAS e.V. unterstützt uns ebenfalls bei den Kölner Heldentagen und führt zusätzliche Registrierungsaktionen an den Kölner Hochschulen durch. Sie haben seit ihrer Gründung vor 10 Jahren zusätzlich zu den Kölner Heldentagen schon mehr als 1.700 Menschen registrieren können! Eine Unterstützung, für die wir als DKMS sehr dankbar sind.
Hat sich nach der Pandemiezeit ein Wandel in der Bereitschaft, Stammzellen zu spenden, abgezeichnet? Welche Veränderungen beobachten Sie?
Tielkes: Angesichts aktueller Herausforderungen wie Krieg und großer Umbrüche in der Welt erhalten wir heute Anfragen von jungen Menschen, die in ihrer Schule, in ihrer Universität oder im Sportverein eine Registrierungsaktion auf die Beine stellen wollen, um selbst etwas zu bewegen und Gutes zur Gesellschaft beizutragen. Deshalb freuen wir uns sehr, dass uns das Kölner Studierendenwerk so tatkräftig unterstützt und wir zusammen in der Studierendenschaft eine neue Generation potenzieller Stammzellspender*innen registrieren können. Denn sie können mit etwas Glück die Lebensretter*innen von morgen und übermorgen sein.
Herzlichen Dank, liebe Frau Tielkes, für das informative Interview und weiterhin viel Erfolg!
Laura Tielkes ist Volunteer-Managerin im Bereich der Spenderneugewinnung der DKMS. Ihre Studienzeit an der CBS International Business School Köln liegt noch nicht weit zurück, was ihre Nähe zu unserer gemeinsamen Zielgruppe der Studierenden erleichtert.