Interview Wohnen
Wohnheimverwalter-Weisheit:
Party gegen Putzen
Arne Henriksen besuchte Paul Woitha in seinem Büro im ADAC-Haus. Ein Gesprächsthema waren die Erziehungsmethoden, die das Zusammenleben erleichtern.
Fragen und Text: Cornelia Gerecke | Fotos: Martina Goyert, Cornelia Gerecke
Paul Woitha begegnete Arne Henriksen zum ersten Mal bei dessen WG-Einzug. Jetzt treffen sie sich oft, denn Arne Henriksen arbeitet als Verwaltungshelfer und nimmt Paul Woitha damit eine Menge Arbeit ab. Denn er ist verlässlich, kommunikativ und einfühlsam, hilft unter anderem bei den Ein- und Auszügen und kontrolliert die Wohnungen. Und – da ist sich das Gespann Woitha/Henriksen einig – Meinungsverschiedenheiten mit Mieter*innen werden hauptsächlich durch Reden und Zuhören gelöst.
27 % der Kölner Studierenden wohnen in der eigenen Wohnung in WGs zusammen, 22 % bei den Eltern und 9 % in einem Studierendenwohnheim – dazu gehören auch Wohnheime anderer Betreiber. Und – wie wohnen Sie?
Henriksen: In einer gemischten Fünfer-WG mit noch einem Studenten und drei Studentinnen. Für mich: eine super Sache.
Woitha: Zweier- und Dreier-WGs sind bei uns meistens gleichgeschlechtlich. Ab Vierer-WGs sind auch schon Studentinnen zu mir gekommen, die gefragt haben, ob sie ein bis zwei Jungs reinhaben können, da es als reine Frauen-WG auch nicht immer so gut läuft.
Was sollten denn ideale WG-Bewohner*innen mitbringen?
Henriksen: Zuverlässigkeit und daraus resultierend gegenseitiges Vertrauen. Idealerweise besteht Interesse, die Mitbewohner*innen kennenzulernen und gemeinsam etwas zu unternehmen, und sei es nur ein Kochabend. Dazu ein paar Ordnungs-Basics, denn Mitbewohner*innen sind keine hauptamtlichen Erzieher*innen. Bei gravierenden Problemen könnte ein*e private*r Vermieter*in kündigen.
Woitha: Aber, wir versuchen erst einmal mit den Betroffenen zu reden, bis sie Einsicht zeigen. Wenn nicht, kann auch schon mal eine Mietvertragsverlängerung gefährdet sein. Ich genehmige gerne Partys, wenn sie in der WG stattfinden, keine Beschwerden wegen Lautstärke oder Rücksichtslosigkeit eingehen und das Treppenhaus im Anschluss geputzt wird.
Henriksen: Stimmt, wenn die vorher angemeldet werden und das Wohnheim hinterher nicht in Scherben liegt, dann stellt sich das Werk nicht quer.
Woitha: Party gegen Putzen heißt meine Devise. Sonst verhänge ich Partyverbot.
Nur 9 % der Kölner Studierenden bekommen einen Wohnheimplatz (einschließlich externer Betreiber von Studierendenwohnheimen). Im Werk liegt die Quote sogar bei nur 5,76 %.
Woitha: Richtig, wir haben immer rund 10.000 Bewerbungen im Jahr und können nur rund 3.000 Plätze vermieten. Dadurch kann sich die Suchphase in die Länge ziehen.
Henriksen: Meine war außergewöhnlich kurz. Also, das erste Semester bin ich von Aachen gependelt und hatte mich über das Portal „WG gesucht“ und beim Werk für eine WG beworben. Da dort mehrere Nachmieter*innen hintereinander abgesprungen waren, bin ich zum Zuge gekommen und habe sofort zugesagt.
Woitha: Glückspilz – und auf jeden Fall ein Glücksfall für mich.
Nicht glücklich sind die Kölner Studierenden wegen der sehr hohen Mietausgaben von 366 Euro, die deutlich über dem Bundes- und Landesdurchschnitt liegen (NRW: 333 Euro, Dtl.: 323 Euro). Was zahlen Sie im Studierendenwohnheim Otto-Fischer-Straße und welche Vor- oder Nachteile hat es?
Henriksen: Das Wohnheim ist mit 300 Euro warm extrem günstig und bietet eine Top-Lage – ich bin in zehn Minuten im Hörsaal, in zwei Minuten auf der Zülpicher Straße zum Rausgehen und in einer Minute am Südbahnhof. Wir haben große Zimmer und Küchen, auf dem Flur könnten wir tanzen und ein Balkon gehört auch dazu. Davon kannst du auf dem privaten Wohnungsmarkt in Köln nur träumen, und ich bin hier mit supervielen Leuten befreundet. Langfristig gesehen sind diese Freundschaften das Beste am Wohnheimleben.
Woitha: Und wir haben hier Industriewaschmaschinen mit sehr kurzen Laufzeiten – auch ein Pluspunkt.
Überraschend war, dass sich 71 % der Kölner Studierenden wegen der guten Verkehrsanbindung für ihre Wohnsituation entschieden haben (NRW: 67 %, Dtl.: 64 %). Für 59 % war die Nähe zur Hochschule und für
55 % der günstige Mietpreis entscheidend.
Henriksen: Ja, die Lage mit Verkehrsanbindung und Nähe zur Hochschule ist definitiv bei vielen der Aspekt Nummer eins. Die Preise in den Wohnheimen sind sowieso immer niedrig, und ich zum Beispiel wollte unbedingt in eine WG.
Woitha: Im Durchschnitt kosten unsere Wohnheimplätze 262 Euro warm. Ich bin auch ein WG-Fan, da diese geselliger sind. Die jungen und wilden Mitbewohner*innen haben bessere Chancen, sich gegenseitig zu „erziehen“, wenn etwas nicht optimal läuft. In den WGs können interne Regeln immer wieder neu ausgehandelt werden.
Henriksen: Stimmt, durch das WG-Leben habe ich viel gelernt über mich und den Umgang mit Menschen.
Und Sie haben mehr Zeit für das Studium, denn Sie benötigen nur 10 Minuten zum Hörsaal – mit 23 Minuten sind die Wohnheimbewohner*innen die „Schnellsten“. Im Durchschnitt benötigen die Kölner Studierenden allerdings 39 Minuten – etwas länger als der Bundesdurchschnitt (NRW: 37 Min., Dtl.: 33 Min.). 64 Minuten dauert die Anreise zur Hochschule für Studierende, die bei den Eltern oder Verwandten wohnen. Also, Sie sind wirklich ein Glückspilz.
Herr Woitha, würden Sie lieber wieder in die private Hausverwaltung wechseln?
Woitha: Mit den studentischen Mieter*innen fühle ich mich wesentlich wohler. In meinem vorherigen Job war es manchmal wirklich nicht angenehm. Nach dem Verschicken von Nebenkostenabrechnungen mit Nachzahlungen, die ich aufgrund von festen abgelesenen Werten/Zahlen erstellt hatte, musste ich mich häufig herumstreiten. Weiterhin wurde durchaus mit einem Anwalt gedroht, teils auch einer eingeschaltet. Die Studierenden hingegen sind junge Leute, die oft gerade von der Schule kommen und noch nicht alles wissen können. Wenn etwas schiefläuft – auch von Seiten des Werks –, gehe ich auf sie zu und mache das Problem transparent. Da kommen manchmal Erziehungsweisen meiner Mutter zum Tragen, wo ich heute merke, das funktioniert auch gut mit Studierenden. Mir macht es wirklich Spaß, denn sie sind viel umgänglicher.
Was würden Sie sich als „umgänglicher“ Verwaltungshelfer vom Kölner Studierendenwerk wünschen?
Henriksen: Mehr Hausmeister zur Entlastung der jetzigen, dann könnten auch Schäden schneller behoben werden. Und es muss nicht die krasseste, radikale Neuerung kommen, aber eine App, mit der wir die Schadensmeldungen durchführen könnten, wäre so etwas.
Woitha: Ein Tablet wäre auch praktisch, dann könntet ihr gegebenenfalls alles fotografieren und müsstet für die Mails auch nicht immer in den Keller zum PC gehen.
Henriksen: Aber wir haben eine Facebook-Gruppe im Wohnheim, da schreiben wir zum Beispiel rein: Waschmaschine 2 und 3 sind seit Stunden besetzt, aber die Wäsche ist fertig. Holt die bitte raus. Vielleicht kann das Kölner Studierendenwerk eine Plattform dafür zur Verfügung stellen?
Vielen Dank für das Bündel guter Ideen. Ich werde sie weitergeben.
Paul Woitha verwaltet 9 Studierendenwohnheime mit 995 Plätzen. Er arbeitet seit dem 18. Februar 2013 als Verwalter in der Abteilung Studentisches Wohnen im Kölner Studierendenwerk.
Arne Henriksen studiert Physik und Philosophie auf Lehramt an der Universität zu Köln, nachdem er ursprünglich mit BWL begonnen hatte. Die Universität zu Köln hat er sich wegen der Lebensqualität der Stadt und des exzellenten Rufs der Hochschule ausgesucht. Neben seinem Studium arbeitet er als Verwaltungshelfer im Studierendenwohnheim Otto-Fischer-Straße.